BYD ist längst mehr als ein chinesisches Phänomen. Der Elektroautohersteller hat sich vom regionalen Marktführer zum globalen Technologiekonzern entwickelt – und rückt europäischen Autobauern immer dichter auf die Pelle. Mit aggressiver Preisstrategie, eigener Batterietechnologie und massiver staatlicher Unterstützung drängt der Konzern zunehmend auf den europäischen Markt.
Vom Akkuhersteller zum Vollsortimenter
BYD wurde 1995 in Shenzhen gegründet – ursprünglich als Batterieproduzent für Mobiltelefone. Heute ist der Konzern einer der weltweit führenden Hersteller von Elektroautos. Diese Entwicklung gelang durch eine konsequente vertikale Integration: Akkus, Motoren, Chips und Software werden im eigenen Haus gefertigt. Diese Tiefe in der Wertschöpfung verschafft dem Autokonzern nicht nur Kostenvorteile, sondern macht das Unternehmen auch unabhängig von Lieferkettenproblemen.
2024 konnte BYD weltweit rund 4,27 Millionen Fahrzeuge verkaufen und ließ damit erstmals Marken wie Mercedes-Benz, BMW und Ford hinter sich.

Marktstrategie: Expansion mit Tempo
Der europäische Markteintritt wurde strategisch geplant. Zunächst testete BYD seine Modelle auf kleinen Märkten wie Norwegen oder den Niederlanden. Inzwischen sind Fahrzeuge des Konzerns in fast allen großen europäischen Ländern erhältlich. Besonders in Deutschland, Frankreich und Schweden wächst der Absatz deutlich.
Der chinesische Autokonzern setzt auf ein schlankes Vertriebsmodell mit digitalen Verkaufsplattformen und wenigen physischen Verkaufsstellen. Partner wie Hedin Automotive oder Denzel Group übernehmen den Vertrieb vor Ort. So kann BYD schnell skalieren, ohne teure Händlernetze aufzubauen.

Produktion in Europa: Werk in Ungarn
Ein Meilenstein auf dem Weg zur dauerhaften Verankerung in Europa ist die geplante Fabrik in Ungarn. Sie soll Ende 2025 in Betrieb gehen und zunächst 150.000 Fahrzeuge pro Jahr produzieren. Damit positioniert sich BYD nicht nur als Importeur, sondern als echter Teil des europäischen Markts. Die Nähe zu westlichen Märkten, gut ausgebildete Fachkräfte und EU-Fördermittel waren laut BYD ausschlaggebend für die Standortwahl.
BYD steigert Margen trotz Preisdruck
Anders als viele andere Autobauer gelingt es BYD, trotz sinkender Preise die operative Marge zu steigern. Zwischen 2019 und 2024 stieg die EBIT-Marge von 1,8 % auf 6,5 %.

Das zeigt: BYD ist nicht nur ein Volumenhersteller, sondern auch ein rentabler Konzern. Möglich wird das durch Skaleneffekte, eigene Forschung sowie kosteneffiziente Entwicklung. Während westliche Marken mit Umstrukturierungen kämpfen, nutzt BYD seine Flexibilität und seine Ressourcen effizienter.
BYD: Innovationskraft durch hohe F&E-Ausgaben
Ein Schlüssel zum Erfolg sind massive Investitionen in Forschung und Entwicklung. Die F&E-Ausgaben des Konzerns stiegen seit 2017 um mehr als 1.300 % – von rund 3,7 Milliarden Euro auf 6,8 Milliarden Euro im Jahr 2024.

Das Ergebnis: eigene Chips, smarte Fahrzeugplattformen und die markeneigene Blade-Batterie, die für hohe Sicherheit und lange Lebensdauer bekannt ist. Auch das autonome Fahren steht bei BYD auf der Agenda. Erste Testfahrzeuge mit selbstentwickelten Assistenzsystemen wurden 2024 in China und den Vereinigten Arabischen Emiraten vorgestellt.
BYD bietet neue Modelle und erobert neue Zielgruppen
Auf dem Genfer Autosalon 2025 präsentierte BYD gleich vier neue Modelle, darunter das Mittelklasse-SUV „Sea Lion“, das speziell für europäische Käufer entwickelt wurde. Es konkurriert preislich mit dem VW ID.4, bietet jedoch in der Basisversion mehr Ausstattung und größere Reichweite. Die Reaktionen der Presse waren überwiegend positiv: gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, modernes Design, intuitive Software.
BYD plant außerdem den Einstieg in das Luxussegment. Die Marke „Yangwang“ richtet sich an wohlhabende Kundinnen und Kunden und wurde mit dem Geländewagen U8 sowie der Luxuslimousine U9 vorgestellt – beide vollelektrisch, mit Allradlenkung und Hightech-Innenraum.
Wettbewerb unter Druck
Während BYD expandiert, geraten etablierte Hersteller unter Zugzwang. Volkswagen kündigte im März 2025 ein Sparprogramm in Milliardenhöhe an, um die E-Mobilitätsstrategie zu beschleunigen. BMW hält an seiner Premiumstrategie fest, doch auch dort wächst die Unsicherheit. Tesla, lange Zeit Benchmark für Elektrofahrzeuge, verliert Marktanteile in China und Europa.
Besonders bedrohlich für europäische Autobauer ist, dass der chinesische Automobilhersteller zunehmend lokale Lieferketten aufbaut. Das betrifft nicht nur Fahrzeugmontage, sondern auch Batteriefertigung und Softwareentwicklung – damit wird der Konzern zu einem ernstzunehmenden industriellen Wettbewerber auf europäischem Boden.
Politische Debatte um Marktverzerrung rund um BYD
Der Erfolg ruft auch politische Institutionen auf den Plan. Die EU-Kommission untersucht seit Herbst 2024 mögliche Wettbewerbsverzerrungen durch Subventionen aus China. Im Raum stehen Strafzölle, Zulassungsbeschränkungen oder Herkunftskennzeichnungen. Der Konzern zeigt sich kooperativ, betont aber, dass die geplanten Werke in Europa zu fairen Bedingungen betrieben werden.
BYD ist gekommen, um zu bleiben
Der chinesische Autokonzern steht exemplarisch für eine neue Generation globaler Technologiekonzerne aus China. Mit starker eigener Entwicklung, internationaler Präsenz und strategischer Weitsicht positioniert sich das Unternehmen als Schlüsselakteur im globalen E-Auto-Markt. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob BYD seine Marktanteile ausbauen kann – oder ob politische Hürden das Wachstum bremsen.