Thyssenkrupp, eines der führenden Stahlunternehmen Deutschlands, steht vor der Herausforderung, die Kosten seiner grünen Transformation zu bewältigen. Der geplante Umbau hin zu einem Produzenten von grünem Stahl stellt sich als teurer heraus als ursprünglich erwartet.
Trotz staatlicher Unterstützung in Milliardenhöhe ist der Stahlkonzern Thyssenkrupp gezwungen, verschiedene Szenarien durchzuspielen, die im schlimmsten Fall sogar einen Stopp des Projekts zur Folge haben könnten.
Unterstützung durch staatliche Fördermittel
Die Pläne für eine klimafreundliche Stahlproduktion bei Thyssenkrupp werden vom Staat erheblich unterstützt. Die Bundesregierung und das Land Nordrhein-Westfalen haben bereits rund zwei Milliarden Euro Fördermittel zugesagt. Diese sollen nach und nach freigegeben werden, je nach Fortschritt des Projekts. Trotz dieser Unterstützung gibt es jedoch Bedenken, dass die Gesamtkosten für die Umstellung, insbesondere für den Bau einer neuen Produktionsanlage, im dreistelligen Millionenbereich über den ursprünglich geplanten drei Milliarden Euro liegen könnten.
Inbetriebnahme voraussichtlich erst 2027
Thyssenkrupp Steel Europe (TKSE) äußerte sich kürzlich und bestätigte, dass der Businessplan für die grüne Transformation weiterhin überarbeitet werde. Der Fokus liege darauf, die wirtschaftlich tragfähigsten und technologisch besten Lösungen zu finden, um langfristig eine klimaneutrale Stahlproduktion zu ermöglichen.
Der Konzern betont dabei, dass die geplante Direktreduktionsanlage voraussichtlich im Jahr 2027 in Betrieb genommen werden könne. Allerdings werde der gesamte Prozess weiterhin genau geprüft, um sicherzustellen, dass er den wirtschaftlichen Anforderungen entspricht.
Streitigkeiten innerhalb des Konzerns
Die grüne Transformation des Stahlkonzerns wird auch durch interne Auseinandersetzungen erschwert. Ein wesentlicher Punkt der Diskussionen innerhalb des Konzerns ist die zukünftige Struktur des Stahlbereichs.
Der Konzernchef Miguel López plant, das Stahlgeschäft in ein Joint Venture mit der Energieholding des tschechischen Milliardärs Daniel Křetínský einzubringen. Křetínský hat bereits 20 % der Stahltochter übernommen und verhandelt derzeit über den Erwerb weiterer Anteile. Diese Veränderungen haben zu Unsicherheiten über die Zukunft der Stahlproduktion bei Thyssenkrupp geführt, insbesondere in Bezug auf die finanzielle Unterstützung für die Umstellung auf eine klimaneutrale Produktion.
Was ist grüner Stahl überhaupt?
Der Begriff „grüner Stahl“ wird in der Industrie als Synonym für nachhaltig produzierten Stahl verwendet. Er umfasst verschiedene Arten von Stahl, die unter Berücksichtigung der CO₂-Reduktion hergestellt werden. Zu den Methoden gehören der Einsatz von grünem Wasserstoff und die Zertifizierung des CO₂-Gehalts der Produktion. Bisher ist auf dem Markt jedoch nur CO₂-reduzierter Stahl verfügbar, eine vollständig CO₂-neutrale Produktion ist derzeit noch nicht realisierbar.
Die Technologie hinter grünem Stahl
Ein zentraler Aspekt der grünen Stahlproduktion ist der Einsatz von grünem Wasserstoff anstelle von Kohle oder Koks in der Stahlproduktion. Dies ermöglicht eine signifikante Reduktion der CO₂-Emissionen.
Thyssenkrupp Steel plant, als erstes Unternehmen weltweit eine 100-prozentig wasserstofffähige Direktreduktionsanlage zu betreiben. Diese innovative Anlage wird mit Einschmelzern kombiniert, die das erzeugte Vormaterial effizient in flüssiges Eisen umwandeln können. Dies gewährleistet eine hohe Effizienz und Qualität der Produktion, ohne dass bestehende Produktionsprozesse verändert werden müssen.
Grüner Stahl als Schlüssel zur Nachhaltigkeit?
Die Produktion von grünem Stahl ist also ein wesentlicher Schritt zur Bekämpfung des Klimawandels. Thyssenkrupp steht dabei vor der Herausforderung, die hohen Kosten der Umstellung zu bewältigen, während gleichzeitig der Druck wächst, die CO₂-Emissionen in der Stahlproduktion drastisch zu senken.
Mit der geplanten Direktreduktionsanlage und dem Einsatz von grünem Wasserstoff könnte Thyssenkrupp damit eine Vorreiterrolle in der Stahlindustrie einnehmen und einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung von Emissionen leisten.
Über Thyssenkrupp
Thyssenkrupp ist ein deutsches Industriekonglomerat mit Hauptsitz in Essen, das 1999 aus der Fusion von Thyssen AG und Krupp AG entstand. Das Unternehmen ist in verschiedenen Bereichen tätig, darunter Stahlproduktion, Anlagenbau, Automobilkomponenten, Aufzugstechnik und Marine-Systeme. Besonders bekannt ist Thyssenkrupp für seine Rolle in der Stahlindustrie, hat aber auch einen wichtigen Beitrag in der Fertigung von Hochtechnologie-Produkten geleistet.
In den letzten Jahren hat Thyssenkrupp Restrukturierungen und strategische Neuausrichtungen durchlaufen, einschließlich des Verkaufs von Unternehmensteilen, um sich auf profitablere Geschäftsfelder zu konzentrieren.