Europa richtet sich neu aus
Die geopolitischen Spannungen verändern Europas Handelsströme. Die Verbindungen zu den USA und verbündeten Staaten nehmen zu. Doch die größten wirtschaftlichen Chancen liegen weiterhin in Asien. Eine neue Studie zeigt, wie sich der globale Handel bis 2035 entwickeln könnte. So bietet sich Europa auch eine Annäherung an Verbündete, um somit die Zukunft nachhaltig zu gestalten.
Die wirtschaftliche Weltordnung ist im Wandel, das lässt sich nicht von der Hand weisen. Während Europa seine Handelsbeziehungen mit Russland und politisch nicht verbündeten Staaten reduziert, verstärken sich die Wirtschaftsbeziehungen zu den Vereinigten Staaten und anderen westlichen Partnern. Diese Entwicklung bestätigt eine aktuelle Studie der Beratungsgesellschaft Deloitte, die im Rahmen des Geoeconomic Dynamics Index auf der Münchner Sicherheitskonferenz vorgestellt wurde. Demnach ist der Güterhandel zwischen der EU und den USA zwischen 2020 und 2024 um fast 40 % gestiegen (von 650 auf 900 Milliarden Dollar). Auch die Direktinvestitionen haben spürbar zugenommen.
Doch bedeutet diese Neuausrichtung automatisch eine Abkehr von den großen Wachstumsregionen der Zukunft?
Asien bleibt wirtschaftlich entscheidend
Trotz der geopolitischen Verschiebungen bleibt Asien das Epizentrum des globalen Wachstums. Die Studie zeigt, dass Europa auch mit Schwellenländern außerhalb des „Westens“ eng verflochten bleibt. Vor allem mit Indien, Indonesien, Vietnam und den Philippinen. Indien boomt regelrecht. Die EU ist Indiens wichtigster Handelspartner, und das Land wird bis 2030 voraussichtlich die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt sein.
Doch auch Südostasien gewinnt an Bedeutung. Vietnam, Indonesien und die Philippinen gehören zu den am schnellsten wachsenden Märkten. Dies zeigt sich auch in der Verteilung der Rohstoffe und Lieferketten. Viele asiatische Länder liefern kritische Rohstoffe für Europas Industrien und spielen eine Schlüsselrolle in globalen Wertschöpfungsketten. Während der Handel mit China leicht zurückgeht, baut Europa seine Beziehungen zu diesen aufstrebenden asiatischen Märkten massiv aus.
Neue Handelspartner: Diversifikation statt Abhängigkeit
Die geopolitischen Veränderungen zwingen Europa dazu, seine Handelsstrategie breiter aufzustellen. Neben Asien und den USA verstärken sich auch die Wirtschaftsbeziehungen mit anderen Regionen. So auch mit Lateinamerika. Argentinien und Brasilien werden für Europa als Handelspartner wichtiger. Doch auch Afrika steht im Fokus. Vor allem Ägypten und Kenia könnten in den kommenden Jahren eine größere Rolle spielen.
Die Pazifik-Allianzen könnten ebenfalls einen Profit für Europa bedeuten. Länder wie Australien, Kanada, Japan, Südkorea und Mexiko rücken enger an Europa heran. Dieses neue Handelsmuster zeigt: Europa setzt auf Diversifikation und versucht, wirtschaftliche Abhängigkeiten zu verringern.
Multipolare Weltordnung: Der neue Handelswettbewerb
Die Deloitte-Analyse beschreibt eine Weltwirtschaft, die zunehmend in zwei große Blöcke zerfällt:
Der „Westen“ mit Europa, den USA und verbündeten Staaten und der „Bric-Block“ rund um China, Russland, den Mittleren Osten und einige Schwellenländer. Während die Handelsbarrieren weltweit zunehmen, bleibt der grenzüberschreitende Güteraustausch dennoch relativ stabil. Die wirtschaftliche Integration hat sich zwar abgeschwächt, aber die Vernetzung bleibt bestehen, nur mit neuen Partnern.
Europa passt seine Handelsstrategie den geopolitischen Realitäten an, sodass die neue Annäherung an Verbündete auch in Zukunft neue Früchte tragen kann. Während der Handel mit den USA und verbündeten Ländern wächst, bleibt Asien der wichtigste Motor für wirtschaftliche Chancen.
Die kommenden Jahre werden zeigen, ob Europa die richtige Balance zwischen geopolitischer Sicherheit und wirtschaftlichem Wachstum findet oder, ob die Fragmentierung der Weltwirtschaft langfristig zu einem Verlust an Wettbewerbsfähigkeit führt.