Start-ups gegen das geplante deutsche Weltraumgesetz

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NASA/Newsmakers via Getty IImages
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Die deutsche Raumfahrtindustrie steht vor einer wegweisenden Entwicklung: Die Bundesregierung plant ein Weltraumgesetz, das private Weltraumaktivitäten und Starteinrichtungen regulieren soll. Mit diesem Schritt soll Deutschland seine völkerrechtlichen Verpflichtungen erfüllen und gleichzeitig die Sicherheit der zivilen und militärischen Raumfahrt gewährleisten. Doch viele Start-ups sehen in diesem Gesetz eine Bedrohung für ihre Geschäftsmodelle.

Ziele des Weltraumgesetzes

Das geplante Weltraumgesetz soll den rechtlichen Rahmen für private Raumfahrtaktivitäten in Deutschland festlegen. Es wird Themen wie die Genehmigung von Weltraumaktivitäten, die Registrierung von Raumfahrtobjekten und die Überwachung der Sicherheitsstandards regeln.

Durch strenge technische Vorgaben, wie die Vermeidung von Weltraumschrott und die Planung eines Missionsendes, sollen Risiken für die öffentliche Sicherheit und Ordnung minimiert werden. Zudem wird es der Bundesrepublik ermöglichen, im Falle von Haftungsschäden gegenüber privaten Betreibern Regressansprüche zu stellen.

Neben der Erhöhung der Sicherheit hat das Gesetz auch das Ziel, die deutsche Raumfahrtindustrie zu stärken und wettbewerbsfähiger zu machen. Insbesondere Start-ups, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie Forschungseinrichtungen sollen davon profitieren und einfacher am globalen Markt teilnehmen können.

Kritik aus der Industrie

Obwohl das Gesetz rechtliche Sicherheit bieten soll, stößt es bei den betroffenen Unternehmen aber auf heftige Kritik. Laut einer Umfrage des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) bewerten 70 % der New-Space-Start-ups das geplante Weltraumgesetz als negativ. Auch etablierte Raumfahrtunternehmen zeigen sich skeptisch: Über 50 % der insgesamt 39 befragten Unternehmen lehnen das Gesetz klar ab.

Ein Hauptkritikpunkt ist zum Beispiel der als übertrieben empfundene Bürokratieaufwand, der vor allem kleinere Unternehmen und Start-ups belasten könnte. Besonders problematisch sei laut den Kritikern zudem das weitreichende Zugriffsrecht der Bundeswehr.

Aufnahme von Weltraum
Space Frontiers/Archive Photos via Getty Images

Sorge um das Zugriffsrecht der Bundeswehr

Eine der umstrittensten Bestimmungen des geplanten Gesetzes ist also das Zugriffsrecht der Bundeswehr. Diese darf „für Zwecke der Verteidigung“ dem Gesetz zu Folge im Notfall nämlich auf private Raumfahrtressourcen zugreifen. Start-ups befürchten in diesem Zusammenhang jedoch, dass diese Regelung private Investoren und ausländische Kunden abschrecken könnte.

Unternehmen wie Orora Tech und Rivada Space, die große Satellitenkonstellationen für Erdbeobachtung und Kommunikation planen, stehen vor massiven Investitionen. Im Fall von Rivada Space sind das 2,4 Milliarden Dollar, die von Risikokapitalgebern bereitgestellt werden müssen. Diese Investoren könnten jedoch durch das Zugriffsrecht der Bundeswehr abgeschreckt werden, da es ein zusätzliches Geschäftsrisiko darstellt.

Unklarheiten und Aufklärungsbedarf

Experten sehen in puncto Weltraumgesetz auf jeden Fall noch sehr viel Aufklärungsbedarf. Einige meinen, dass es grundsätzlich verständlich sei, dass die Bundeswehr in Notfällen Priorität haben müsse, allerdings solle auch klar definiert werden, worauf genau sie zugreifen dürfe. Ein unklarer Fall wäre beispielsweise, ob die Bundeswehr im Falle eines defekten Aufklärungssatelliten Vorrang bei der Produktion neuer Satelliten hätte. Genau solche Details müssen laut den Kritikern so schnell wie möglich eindeutig geregelt werden, um Missverständnisse und Unsicherheiten bei den beteiligten Unternehmen zu vermeiden.

Auswirkungen auf die Zukunft der deutschen Raumfahrt

Das geplante Weltraumgesetz der Bundesregierung hat offensichtlich das Potenzial, die Raumfahrtindustrie in Deutschland langfristig deutlich zu beeinflussen. Während die Regierung das Gesetz als „Meilenstein“ für die Verkehrssicherheit und Nachhaltigkeit deutscher Weltraumaktivitäten ansieht, sehen betroffene Start-ups und KMUs eine potenzielle Gefahr und diverse Risiken.

Die Kritikpunkte aus verschiedenen Branchen, insbesondere bezüglich der Haftungsregelungen und der Eingriffsmöglichkeiten der Bundeswehr, verdeutlichen, dass in Bezug auf das neue Weltraumgesetz in Deutschland tatsächlich noch erheblicher Diskussionsbedarf besteht.

Man könnte fast sagen, dass sich die deutsche Raumfahrtindustrie an einem Scheideweg befindet: Einerseits soll das neue Gesetz rechtliche Sicherheit und Wachstumsmöglichkeiten bieten, andererseits fühlen sich vor allem kleinere Unternehmen durch die Regelungen bedroht und eingeschränkt.

Ob und in welcher Form das Weltraumgesetz letztlich verabschiedet wird, bleibt gespannt abzuwarten. Die Entscheidung könnte letztlich entscheidend dafür sein, wie sich der Markt für private Raumfahrt in Deutschland weiterentwickelt.

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