Der Tourismus hat sich nach den massiven Einbrüchen durch die Pandemie erholt und das in einem Ausmaß, das viele überrascht. Die Reiselust der Menschen ist zurück, die Buchungszahlen nähern sich den Höchstwerten von 2019 und in einigen Segmenten übertreffen sie diese sogar. Die Tourismusbranche sieht sich jedoch nicht nur mit einem wachsenden Markt konfrontiert, sondern auch mit neuen Herausforderungen. Preiserhöhungen, veränderte Quellmärkte und der wachsende Einfluss digitaler Buchungsplattformen prägen den aktuellen Umbruch im Tourismus.
Inlandsreisen im Aufwind
Ein besonders starker Trend im Jahr 2024 ist das Wachstum des Tourismus im Inland. Nach Berechnungen des „State of Tourism 2024 Reports“ von McKinsey & Company wird der Inlandstourismus bis 2030 weltweit um etwa 3 % pro Jahr zulegen.
Der deutsche Markt spiegelt diesen globalen Trend wider: Die Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) prognostiziert rund 70 Millionen Urlaubsreisen von fünf Tagen oder mehr allein in Deutschland. Damit ist das Niveau von 2019 fast erreicht.
Pandemie hat Reiseverhalten verändert
Die Pandemie hat den Fokus vieler Reisender auf nahegelegene Ziele gerichtet. Statt Fernreisen bevorzugen immer mehr Deutsche Ziele im eigenen Land oder in angrenzenden europäischen Ländern wie Spanien, Italien und Frankreich. Der Tourismus profitiert davon.
Neben dem Wunsch nach Entspannung in vertrauten Gefilden spielen auch steigende Reisekosten eine Rolle. Trotz dieser Preiserhöhungen bleibt die Nachfrage nach Urlaubsreisen stabil. Ein Großteil der deutschen Verbraucher akzeptiert höhere Preise, da Reisen zu den obersten Konsumprioritäten gehört – direkt hinter Lebensmitteln.
Boom bei internationalen Reisen und neue Quellmärkte
Auf internationaler Ebene erholen sich die Reisezahlen deutlich. Die Welttourismusorganisation (UNWTO) berichtet, dass die internationalen Touristenankünfte im ersten Halbjahr 2024 bereits 70 % des Niveaus von 2019 erreicht haben. Die Prognosen sehen eine vollständige Erholung bis Ende 2024. Besonders in Asien erleben Länder wie Thailand, Japan und Vietnam einen Aufschwung im Tourismus, angetrieben durch neue Quellmärkte.
Der chinesische Markt, der nach der Aufhebung der letzten Covid-Beschränkungen an Fahrt aufnimmt, trägt wesentlich zum Wachstum bei. Besonders junge chinesische Reisende bevorzugen authentische Erlebnisse und individuelle Reisen, was Länder wie Singapur, Malaysia und Japan zu den neuen Hotspots für chinesische Touristen macht.
Indien zeigt ebenfalls ein beachtliches Wachstum. Mit einer jährlichen Zunahme der Reiseausgaben von 9 % könnte das Land bis 2030 einer der wichtigsten Quellmärkte weltweit werden. Die wachsende Mittelschicht in Indien und Südostasien sorgt dafür, dass diese Region für die internationale Reiseindustrie zunehmend interessant wird.
Bewährte Reiseziele bleiben beliebt
Während sich neue Märkte entwickeln, bleiben bei den Deutschen die Klassiker unter den Reisezielen weiterhin die Favoriten. Laut einer Studie von Team Neusta bleiben die Türkei (30 %), Spanien (26 %), Griechenland (15 %) und Ägypten (11 %) auch im Jahr 2024 die meistgewählten Destinationen für Pauschalreisen. Trotz der Debatte um Overtourism haben sich die Marktanteile dieser Länder im Vergleich zu 2023 kaum verändert.
Digitalisierung verändert den Reisemarkt im Tourismus
Neben dem Boom bei Reisen bringt das Jahr 2024 auch bedeutende Veränderungen im Buchungsverhalten mit sich. Bereits 2023 haben mehr als die Hälfte der deutschen Reisenden ihre Reisen ausschließlich online gebucht. Digitale Plattformen wie Booking und Airbnb dominieren das Marktgeschehen. Traditionelle Reiseanbieter wie TUI und Dertour müssen sich neu aufstellen, um mithalten zu können.
Buchungsplattformen wie Booking.com haben sich besonders durch ihre Flexibilität und die Möglichkeit, kombinierte Reisepakete anzubieten, einen großen Vorteil verschafft. Glenn Fogel, der CEO von Booking, berichtete, dass der Anteil an Buchungen, bei denen Kunden neben der Unterkunft eine weitere Leistung buchen, im ersten Quartal 2024 um 50 % gestiegen ist.
Diese Entwicklungen zeigen, dass die Digitalisierung im Reisegeschäft noch lange nicht am Ende ist.
Preiserhöhungen und Marktverschiebungen im Tourismus
Eine der größten Herausforderungen im Jahr 2024 sind die gestiegenen Preise in fast allen Bereichen der touristischen Wertschöpfung. Preiserhöhungen bei Unterkünften, Flügen und Pauschalreisen werden von den Konsumenten größtenteils akzeptiert, doch die Preissteigerungen könnten langfristig zu einer Spaltung der Reisemärkte führen. Luxusreisen boomen, während Reisende mit kleinerem Budget zunehmend nach Alternativen suchen.
Besonders Familien müssen tiefer in die Tasche greifen: Laut Team Neusta haben Familien 2024 durchschnittlich 7 % mehr für ihre Reisen ausgegeben als im Vorjahr. Diese Tendenz ist weltweit spürbar. Dennoch zeigt die ungebrochene Reiselust, dass die Menschen bereit sind, für ihr Reiseerlebnis zu zahlen, auch wenn dies im Vergleich zu früher deutlich teurer ist.