Unternehmensinsolvenzen in Deutschland steigen wieder deutlich an. Nach Jahren des Rückgangs wirken gestiegene Energiepreise, hohe Zinsen und eine schwache Konsumnachfrage wie Brandbeschleuniger. Auch in Österreich zeigt sich ein ähnliches Bild.
Dramatische Entwicklung in Deutschland
Die deutsche Wirtschaft ist in Aufruhr. Laut den neuesten Daten des Statistischen Bundesamts sind die Unternehmensinsolvenzen im Jahr 2024 um 15 % im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Besonders betroffen sind mittelständische Unternehmen aus energieintensiven Branchen wie Metallverarbeitung und Chemie. Viele Unternehmen hatten während der Pandemie Staatshilfen erhalten, die inzwischen auslaufen und zurückgezahlt werden müssen.
Ein weiterer Aspekt ist die zunehmende Konzentration der Insolvenzen in bestimmten Regionen Deutschlands. Besonders stark betroffen sind Nordrhein-Westfalen und Bayern, wo viele mittelständische Unternehmen sitzen. „Die regionale Konzentration zeigt, dass bestimmte Wirtschaftssektoren besonders unter Druck stehen“, erklären Branchenanalysten.
Energiepreise als Hauptursache
Ein zentraler Faktor für den Anstieg der Unternehmensinsolvenzen sind die hohen Energiepreise. Besonders kleine und mittelständische Betriebe haben Schwierigkeiten, die Kosten weiterzugeben. Hinzu kommt, dass viele Unternehmen mit langfristigen Energieverträgen planen mussten, die nun teurer werden. Besonders in Sektoren wie der Glasherstellung und der Papierindustrie zeigt sich ein hoher Druck.
Zudem hat die Unsicherheit über die künftige Energiepolitik Unternehmen dazu gezwungen, geplante Investitionen zu verschieben. Viele Betriebe können sich keine langfristigen Strategien mehr leisten und setzen stattdessen auf kurzfristige Maßnahmen, die die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen.
Finanzierungskosten steigen rasant
Auch die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) trägt zur Verschärfung der Lage bei. Die kontinuierlichen Zinserhöhungen, die zur Inflationsbekämpfung eingeführt wurden, belasten Unternehmen mit hohem Kapitalbedarf. Investitionen werden zurückgestellt und Liquiditätsschwierigkeiten führen schneller zu Unternehmensinsolvenzen. Vor allem Unternehmen, die ihre Kredite in der Niedrigzinsphase aufgenommen haben, stehen nun vor großen Problemen.
Zusätzlich fehlen neuen Unternehmen oft die notwendigen Finanzierungsoptionen, um sich am Markt zu etablieren. „Start-ups und kleine Betriebe werden durch die steigenden Zinsen besonders hart getroffen“, so ein Experte der Kreditwirtschaft.
Konsumnachfrage bleibt schwach
Neben den Kostenproblemen wirkt auch die schwache Konsumnachfrage wie ein Katalysator. Höhere Lebenshaltungskosten und die Unsicherheit über die wirtschaftliche Entwicklung bremsen die Ausgaben der Verbraucherinnen und Verbraucher. Der Einzelhandel verzeichnet Rückgänge, insbesondere bei langlebigen Konsumgütern. Die Gastronomie und Hotellerie, die bereits während der Pandemie stark getroffen wurden, kämpfen erneut um das Überleben.
Unternehmensinsolvenzen: Parallelen und Details aus Österreich
Auch in Österreich spitzt sich die Lage zu. Der Kreditschutzverband KSV1870 berichtet, dass die Unternehmensinsolvenzen in den ersten neun Monaten des Jahres 2024 um fast 25 % auf knapp 4.900 Fälle angestiegen sind. Besonders auffällig ist der Zuwachs bei großen Insolvenzen: Die Zahl der Fälle mit Passiva über 10 Millionen Euro hat sich innerhalb eines Jahres verdoppelt.
Die Branchen Handel, Bau und Gastronomie sind in Österreich besonders betroffen. Mit 853 Insolvenzen führt der Handel die Statistik an, gefolgt vom Baugewerbe mit 814 Fällen und 596 Insolvenzen in der Gastronomie. Diese drei Branchen machen fast die Hälfte aller Unternehmenspleiten aus.
Laut Gerhard Weinhofer, Geschäftsführer von Creditreform Österreich, leiden die Unternehmen unter leeren Auftragsbüchern, steigenden Kosten und bürokratischen Hürden. „Viele Betriebe stehen am Limit und müssen sich zunehmend die Existenzfrage stellen“, kommentiert er. Besonders Wien ist mit fast 15 Insolvenzen pro 1.000 Unternehmen das Bundesland mit den höchsten Fallzahlen, während Tirol mit fünf Insolvenzen pro 1.000 Betrieben am besten abschneidet.
Unternehmensinsolvenzen wie Sigma haben enorme Auswirkungen
Die Signa-Insolvenz war einer der größten Fälle des Jahres in Österreich und verdeutlicht die Dimension der Krise. Insgesamt belaufen sich die Verbindlichkeiten der in den ersten drei Quartalen insolventen Unternehmen auf 14,8 Milliarden Euro – ein Anstieg von 683 % im Vergleich zum Vorjahr. Branchenexperten sehen in der Kombination aus hohen Energiepreisen, schwachem Wachstum und strengeren Finanzierungsbedingungen eine „toxische Mischung“, die die Lage zusätzlich verschärft.
Ein zusätzlicher Faktor in Österreich ist der Fachkräftemangel, der viele Unternehmen daran hindert, neue Projekte anzugehen. Gerade im Baugewerbe führt dieser Mangel zu Verzögerungen und steigenden Kosten, was die Insolvenzwelle weiter antreibt.