VW, einer der größten Automobilhersteller der Welt, plant einschneidende Maßnahmen. Der Konzern hat angekündigt, dass mehrere deutsche Werke auf der Kippe stehen und mindestens eines von ihnen geschlossen werden soll. Das ist mehr als nur ein Schock für die Belegschaft – es könnte ein Wendepunkt in der Geschichte des Unternehmens sein. Der Sparkurs gilt als der härteste seit dem Dieselskandal.
Sparmaßnahmen ohne Tabus bei VW
Die Entscheidung, Werke zu schließen, wurde nicht leichtfertig getroffen. Auf einem Führungskräfte-Treffen, das kürzlich stattfand, kündigte der Vorstand um Oliver Blume an, dass ein umfassendes Sparprogramm umgesetzt werden muss, um die Ziele des Konzerns zu erreichen.
Die Kernmarke VW kämpft mit einer Margenschwäche. Während das ursprüngliche Sparziel zehn Milliarden Euro betrug, wurde dies nun auf 4 bis 5 Milliarden Euro zusätzlich aufgestockt, um die gewünschte Zielrendite von 6,5 % zu erreichen. Doch der Preis dafür ist hoch.
Die Arbeitskosten stehen im Zentrum dieser Maßnahmen. Die bis 2029 geltende Jobgarantie, die für alle sechs westdeutschen Werke von VW galt, soll aufgekündigt werden.
Mit diesem Schritt wäre der Weg für betriebsbedingte Kündigungen frei – ein Tabubruch, den viele bei VW für unmöglich hielten. Bislang galt der Abbau von Arbeitsplätzen über Altersteilzeit- und Abfindungsprogramme als der Weg, um die Personalkosten zu senken. Das allein scheint jedoch nicht mehr auszureichen.
Elektrifizierung und schrumpfende Gewinne bei VW
Ein wesentlicher Faktor, der VW zu diesen Schritten zwingt, ist die massive Umstellung auf Elektromobilität. Der Konzern hat sich stark auf die Entwicklung von Elektrofahrzeugen konzentriert, doch die hohen Kosten der Umstellung und eine schwache Nachfrage nach einigen Modellen setzen dem Konzern zu.
Erst vor kurzem hatte VW angekündigt, dass mehrere Elektro-Modelle verschoben werden – darunter das einst als Flaggschiff geplante Trinity-Projekt. Auch das Elektro-SUV für das Stammwerk Wolfsburg steht auf der Kippe. Es scheint, als kämpfe VW auf mehreren Fronten gleichzeitig.
Harte Maßnahmen sind notwendig
Die schlechten Zahlen des ersten Halbjahres 2024 haben die Notwendigkeit, härtere Maßnahmen zu ergreifen, noch einmal unterstrichen. Die Kernmarke VW erzielte lediglich eine Marge von 2,3 %, während Tochtergesellschaften wie Skoda und Cupra deutlich besser abschnitten.
Diese internen Unterschiede machen deutlich, dass VW unter großem Druck steht, effizienter zu arbeiten.
Widerstand der Arbeitnehmer
Der Plan des Managements hat nicht nur wirtschaftliche Folgen – er hat auch die Beziehungen zu den Arbeitnehmern schwer belastet. Betriebsratschefin Daniela Cavallo kritisierte die angekündigten Maßnahmen scharf und sprach von einem „Angriff auf unsere Beschäftigung, Standorte und Tarifverträge“. Sie machte klar, dass der Betriebsrat gegen jede Schließung kämpfen wird. Besonders die Aufkündigung der Beschäftigungsgarantie ist für viele Mitarbeiter ein harter Schlag.
Vorstand von VW wird kritisiert
„Der Vorstand hat versagt“, schrieb Cavallo in einem internen Rundbrief an die Belegschaft. Sie fordert, dass es klare Zielbilder für die Zukunft des Unternehmens gibt, anstatt bloß Finanzziele zu verfolgen. Dieser Konflikt zwischen Betriebsrat und Management droht, sich weiter zu verschärfen, vor allem wenn die Schließungspläne konkretisiert werden.
Politischer Druck wächst
Auch politisch ist die Situation brisant. Das Land Niedersachsen, das 20 % der Stimmrechte bei Volkswagen hält, sieht die Pläne kritisch. Ministerpräsident Stephan Weil erklärte, er sehe die Notwendigkeit von Einsparungen, betonte jedoch, dass die Schließung von Standorten nicht die Antwort sein dürfe. Für Niedersachsen, das fünf VW-Standorte beherbergt, wäre eine Schließung ein schwerer Schlag für die lokale Wirtschaft.
Erhöhter Druck durch verstärkten Wettbewerb
Gleichzeitig drängen neue Wettbewerber auf den europäischen Markt, was den Druck auf VW weiter erhöht. Oliver Blume machte auf der Führungskräfte-Veranstaltung deutlich, dass VW in einem schwierigen Umfeld handeln muss. „Wir müssen jetzt konsequent agieren“, sagte er vor Hunderten Führungskräften. Doch die Frage bleibt: Wie weit wird VW gehen, um seine Ziele zu erreichen?
VW steht ein heißer Herbst bevor
Die kommenden Monate werden für VW entscheidend sein. Bis zur Investitionsplanung im November müssen die Sparpläne konkretisiert und mit dem Betriebsrat abgestimmt werden. Parallel dazu laufen Verhandlungen mit der IG Metall über einen neuen Haustarifvertrag. Die Gewerkschaft fordert 7 % mehr Lohn, doch angesichts der aktuellen Sparpläne scheint ein harter Konflikt unausweichlich.
Währenddessen werden die betroffenen Werke in Unsicherheit gelassen. Es ist das erste Mal in der Geschichte des Konzerns, dass eine Werksschließung in Deutschland ernsthaft in Betracht gezogen wird. Insider berichten, dass es sich nicht nur um kleinere Standorte wie Dresden oder Osnabrück handeln könnte – auch größere Werke sind betroffen.