Die Automarke Smart, eine Gemeinschaftsfirma von Mercedes-Benz und Geely, sieht sich aufgrund der aktuellen Handelsstreitigkeiten zwischen China und der EU vor massive Herausforderungen gestellt. Die Einführung von Strafzöllen seitens der EU zwinge das Unternehmen dazu, seine Preise in Europa zu erhöhen und über alternative Produktionsstrategien nachzudenken.
18,8 % Strafzölle belasten Geschäftsmodell
Seit dem 1. November 2024 werden für Elektrofahrzeuge, die in China produziert und nach Europa importiert werden, zusätzliche Strafzölle in Höhe von 18,8 % erhoben. Gemeinsam mit dem regulären Pkw-Importtarif von 10 % summieren sich die Abgaben auf 28,8 %. Diese Maßnahme zielt darauf ab, wettbewerbsverzerrende Subventionen durch die chinesische Regierung auszugleichen.
Ab 2025 steigen die Preise
Smart hat angekündigt, die zusätzlichen Kosten zunächst selbst zu tragen. Ab Januar 2025 jedoch sollen die Preise für die Modelle Smart #1 und Smart #3 um etwa 2.000 Euro brutto steigen – ein Aufschlag von rund 5 bis 6 %. Sollte sich der Konflikt nicht entschärfen, könnten im Jahr 2025 weitere Preisanpassungen folgen, wie Europachef Dirk Adelmann erklärte.
Alternative Produktionsstrategien: Blick auf Europa
Um die Abhängigkeit von China zu verringern, prüft Smart eine Verlagerung der Produktion oder Endmontage nach Europa. Auftragsfertiger wie VDL Nedcar, Valmet oder Magna könnten in Frage kommen, um Bauteile in Europa zusammenzusetzen. Auch eine Nutzung von Kapazitäten in Mercedes-Werken, wie dem Standort Rastatt, ist denkbar.
Allerdings betont Adelmann, dass eine solche Umstellung erhebliche Zeit erfordert: Bis neue Produktionsstandorte aufgebaut und in Betrieb genommen sind, könnten 18 bis 24 Monate vergehen. Außerdem würde eine Verlagerung die aktuellen Belastungen durch Zölle nicht vollständig ausgleichen.
Smart: Kein typisch chinesisches Unternehmen
Adelmann argumentiert, dass Smart ein Sonderfall sei und nicht in die gleiche Kategorie wie rein chinesische Hersteller wie BYD oder Nio falle. Der Firmensitz der Marke liegt mittlerweile nämlich in Singapur, nicht mehr in China. Zudem arbeitet Smart ohne eigene Fertigungsanlagen, sondern lässt die Fahrzeuge in einer Geely-Tochter in Xi’an produzieren.
Die Marke betont, keine Subventionen der chinesischen Regierung zu erhalten. Dennoch basiert ihre Fahrzeugtechnologie auf der von Geely entwickelten SEA-Plattform. Geely selbst profitierte zwischen 2021 und 2023 von staatlichen Zuschüssen in Höhe von über 250 Millionen Euro.
Herausforderungen im Wettbewerb
Im Wettbewerb mit etablierten Herstellern wie Tesla sieht sich Smart mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert. Branchenexperten kritisieren die hohen Preise der Marke. So kostet beispielsweise das Smart #1-Modell mit einer größeren Batterie, die 420 Kilometer Reichweite bietet, rund 40.000 Euro. Also kaum weniger als ein Tesla Model 3, das mit einer Reichweite von 513 Kilometern punktet.
Mit einem Marktanteil von unter 1 % in Deutschland bleibt Smart eine Nischenmarke. Der Absatz von Smart konnte zwar von 31.000 Fahrzeugen im Jahr 2022 auf 70.000 im Jahr 2023 gesteigert werden, doch diese Zahlen sind im Vergleich zur Konkurrenz weiterhin gering.
Zukunftsvision: Wachstum und Profitabilität
Trotz der aktuellen Probleme plant Smart recht ambitioniert. Im Jahr 2024 soll ein weiteres Wachstum erzielt werden, insbesondere durch die Einführung neuer Modelle wie dem Mittelklasse-SUV Smart #5. Langfristig plant die Marke, bis Ende des Jahrzehnts die Gewinnschwelle zu erreichen und die Verkäufe in Europa auf 100.000 Einheiten pro Jahr zu steigern.
Für Mercedes-Benz bleibt Smart ein strategisch wichtiger Partner, da die Elektroflotte der Marke dazu beiträgt, die CO2-Bilanz des Gesamtkonzerns zu verbessern.
Smarter Wandel
Smart steht, wenn man so will, an einem Scheideweg. Die Strafzölle belasten das Geschäftsmodell erheblich und machen Preisanpassungen unvermeidlich. Gleichzeitig zwingt der Handelsstreit das Unternehmen, über neue Produktionsmodelle nachzudenken und sich stärker vom chinesischen Markt zu lösen.
Obwohl Smart sich erfolgreich als Elektro-Nischenmarke positioniert hat, bleibt der Wettbewerb in Europa intensiv. Die kommenden Jahre werden also spannend und vor allem auch entscheidend sein, um die Marke trotz der politischen und wirtschaftlichen Hindernisse zukunftsfähig zu machen.