Die Schweiz hat eine Inflation unter 2 % – wie wird das von dem kleinen Land geschafft?

Auslage mit unterschiedlichsten Käsesorten aus der Schweiz
Inhaltsverzeichnis

Die Schweiz hat im Juni 2023 die Inflation auf 1,7 % verringert. Damit gehen die Teuerungen in der Schweiz eindeutig zurück, in vielen Ländern Europas steigen die Preise aber derzeit noch weiter an. Ist die Schweiz die Insel der Glückseligen? 

Was macht die Schweiz anders als der Rest Europas? 

Die Schweiz wählt gewisse Strategien anders als der Rest Europas. So ist der Warenkorb, der zur Berechnung der Inflation dient, zum Beispiel anders zusammengesetzt als in Deutschland oder Österreich. Die Energiekosten fallen im Warenkorb der Schweiz nicht so stark ins Gewicht bzw. haben einen nur geringen Anteil an den Gesamtausgaben, da die Lebenshaltungskosten vergleichsweise sehr hoch sind. Somit führt ein Schock der Energiepreise nicht zu einem schnellen Anstieg der Verbraucherpreise.

Entwicklung der Inflationsrate

Die folgende Grafik zeigt, dass im Juni 2023 die Konsumentenpreise in der Schweiz zum Vorjahresmonat um 1,7 % und gegenüber dem Vormonat um 0,1 % gestiegen sind. 

Teuerungen gehen zurück 

Die folgende Grafik zeigt die detaillierte Entwicklung der Inflation auf bestimmte Hauptgruppen bezogen. Dabei wird jeweils der aktuelle Wert im Vergleich zum Wert des Vormonats und auch gegenüber dem Vorjahresmonat angezeigt. So stiegen Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke um 5,1 % an und zeigten damit die höchste Teuerung. Im Vergleich zum Vormonat sind Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke aber nur um 0,9 % teurer geworden.

Statistik: Inflationsrate in der Schweiz nach Hauptgruppen im Juni 2023 (gegenüber dem Vorjahresmonat und Vormonat)

Was macht die Schweiz anders als der Rest von Europa? 

Die Schweiz kämpft wie alle Länder Europas gegen die Teuerung. Doch irgendetwas scheint anders zu laufen, da dieses kleine Land deutlich erfolgreicher ist als andere Länder. In den meisten Industrieländern bleibt die Inflation weiterhin auf einem Rekordniveau. In der gesamten Eurozone liegt die Inflation bei 5,5 %, in Österreich aktuell im Juni 2023 bei 8 %.

Exportquote ist sehr hoch

Die Schweiz hat eine enorm hohe Exportquote. Es werden also mehr Waren und Dienstleistungen ausgeführt als eingeführt. Im Jahr 2022 wurde der höchste Leistungsbilanzüberschuss seit gut 10 Jahren erreicht. Der Überschuss aus den Verkäufen wurde zu einem guten Teil innerhalb des Landes veranlagt. Damit steigt die Nachfrage nach Franken im eigenen Land, da die verdienten Dollar, Euros und Yens „eingetauscht“ werden. Die Auswirkung ist einfach: Im Vergleich zum Euro steigt der Franken im Kurs an. In den vergangenen Jahren hat der Franken eine Aufwertung von 8 % im Vergleich zum Euro erfahren. Damit werden die importierten Waren für die Schweizer billiger. Der starke Franken schafft also einen wichtigen Grund, damit die Teuerung innerhalb der Schweiz gering gehalten werden kann. 

Schweizer Nationalbank gleich aktiv wie EZB 

Der EZB wird vorgeworfen, den Euro haltlos zu drucken und damit die Märkte zu überschwemmen. Auch die Erhöhung der Leitzinsen erscheint vielen als nicht richtig. Doch die Schweiz geht hier nicht anders vor. Die Schweizer Nationalbank war beim Gelddrucken ebenfalls sehr aktiv. Die Auswirkungen sind nur anders, als in Deutschland und Österreich. Ein wesentlicher Unterschied ist im Strommarkt zu finden.

Strommarkt in der Schweiz anders als in Europa

In der Schweiz wird vorwiegend Strom aus Wasserkraft und mit Hilfe von Atomkraft produziert. Im Vergleich zu anderen Stromerzeugungen haben sich hier die Produktionskosten kaum erhöht. Deutschlands und Österreichs Wirtschaft litten unter den Kostenexplosionen im Energiesektor. Besonders die Gaspreiserhöhungen wirkten sich negativ aus. Zusätzlich ist der Strommarkt für Haushalte in der Schweiz liberalisiert. Die EU hat, was dieses Thema betrifft, kein gemeinsames Vorgehen geschafft. In der Schweiz wird der Energiemarkt von der eidgenössischen Elektrizitätskommission überwacht. Ziel ist ganz klar, dass die 630 Stromanbieter ihre Preise nicht zu stark anheben. 

Entwicklung der Lebensmittelpreise

Die Schweiz kann auf die Einfuhr von Lebensmitteln hohe Zölle erheben, was auch gemacht wird. Diese Zölle führen dazu, dass die im Ausland gekauften Waren auf das Niveau der Erzeugerpreise in der Schweiz angehoben werden. Der Zoll dient hier also auch als Ausgleich: stiegen die Kosten für importierte Lebensmitteln, sinkt der Zoll und umgekehrt. Die Schweiz ist ein sehr teures Land. Daher kosten Lebensmittel auch deutlich mehr als in Deutschland und in Österreich. Die Vorgehensweise der Zollregulierung verursacht also in Summe teure Preise, doch die Preise sind stabil, auch wenn es grundsätzlich zu Preiserhöhungen bei Rohstoffen und importierten Lebensmitteln kommt. 

Ist das kleine Land mit der bekannten Uhren- und Käseproduktion das Land der Glückseligen? Für viele Ja. Voraussetzung ist ein guter Job mit einem hohen Verdienst, denn die Schweiz ist grundsätzlich sehr teuer. „Wenn Sie sich das nicht leisten können, fahren Sie lieber wieder nach Hause!“, hat einmal ein Kellner zu einem Gast gesagt, als dieser sich kurz wunderte, dass eine Flasche Tischwein 170 Franken kostete. 

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