Großbritannien genehmigt Laborfleisch als Tierfutter

Stück Fleisch wird von einer Person im Labor untersucht
Inhaltsverzeichnis

In Singapur ist Laborfleisch bereits seit Ende 2020 Realität. Nun folgt Großbritannien als erstes europäisches Land diesem Beispiel und genehmigt die Verwendung von Laborfleisch als Tierfutter.

Das britische Ministerium für Umwelt, Ernährung und Landwirtschaft sowie die Animal and Plant Health Agency haben dem Unternehmen Meatly die Erlaubnis erteilt, kultiviertes Hühnerfleisch in Großbritannien zu verkaufen.

Man rechnet mit Nachfrage von Haustierbesitzern

Bei der Herstellung wird eine Probe aus dem Hühnerei entnommen und im Labor mit Vitaminen und Aminosäuren behandelt, sodass die Zellen in einem Behälter zu einer Art Fleischpastete heranwachsen. Das Produkt soll noch in diesem Jahr auf den Markt kommen. Großbritannien ist damit das erste Land in Europa, das Laborfleisch in Supermärkten anbietet.

Um den Preis niedrig zu halten, wird dem Fleisch Gemüse beigemischt, eine Praxis, die auch bei Tierfutter angewendet wird. Man rechnet mit der Nachfrage von Haustierbesitzern, die selbst kein Fleisch essen und daher auch für ihre Tiere eine fleischlose Alternative bevorzugen.

Eine Studie der Universität Winchester zeigte, dass die Hälfte der befragten Haustierbesitzer bereit wäre, ihren Tieren Fleisch aus kontrolliertem Anbau zu füttern.

Singapur verkauft seit 2020 Laborfleisch

Fleisch, das im Labor aus Zellkulturen gezüchtet wird, ist in Singapur schon länger keine Seltenheit mehr. Seit Ende 2020 verkauft der amerikanische Hersteller Eat Just in Singapur Hühnerfleisch aus Zellkulturen, das teilweise mit Pflanzenproteinen gestreckt wird, um die Kosten zu senken. Der genaue Anteil tierischer und pflanzlicher Proteine bleibt geheim.

Mann beisst in einem Labor in einen Burger und Frau sitzt daneben und beobachtet ihn

Herstellung von Laborfleisch

Laborfleisch, auch In-Vitro-Fleisch genannt, wird mittels Tissue Engineering hergestellt. Dabei entnimmt man dem Tier Muskelgewebe, das aus den Stammzellen isoliert in einem Nährmedium vermehrt wird.

Diese Zellen entwickeln sich zu Muskeln und wachsen auf einem Trägergerüst aus tierischem Kollagen zu einer größeren Masse heran, die Hackfleisch gleicht. Für einen Burger werden etwa 20.000 solcher Muskelzellen-Fasern benötigt. Um den Geschmack von echtem Fleisch zu erreichen, werden zusätzlich Fettzellen gezüchtet.

Start-ups experimentieren bereits fleißig mit 3D-Druckern, um Fleischstücke herzustellen, die in Inkubatoren zu Steaks heranwachsen sollen. Ein Steak lässt sich nämlich aufgrund der komplexen Gewebsstruktur bisher noch nicht im Labor herstellen. Die Gewebestruktur wird allerdings intensiv erforscht, um vielleicht schon bald die Textur von echtem Fleisch zu erreichen.

Gesundheitliche Aspekte

Noch gibt es keine wirklich validen Daten zum Gesundheitswert von Laborfleisch, da es weltweit nur von einer Minderheit verzehrt wird. Vor einer Zulassung in der EU müsste es allerdings unabhängig überprüft werden.

Man weiß zwar, dass ein hoher Konsum von konventionellem Fleisch ungesund ist und das Risiko für Darmkrebs erhöht. Ob Laborfleisch besser abschneidet, ist jedoch noch unklar.

Einige gehen davon aus, dass die Herstellung von Laborfleisch eventuell die Übertragung von Krankheiten, die durch Tiere oder tierische Lebensmittel auf den Menschen übergehen, reduzieren kann. Die kontrollierten Bedingungen im Labor könnten darüber hinaus auch das Risiko von Keimen verringern. Zudem könnte der Einsatz von Antibiotika, der in der Tierhaltung gängig ist, reduziert werden. So ganz ohne Antibiotika kommt die Produktion von Laborfleisch allerdings auch nicht aus.

Weniger Tierleid durch Fleisch aus dem Labor?

Für die Zucht von Fleisch und Fisch im Labor benötigt man Muskelstammzellen, die Tieren entnommen werden. Dies bedeutet Eingriffe und mögliche Schmerzen für die Tiere. Außerdem wird fetales Kälberserum als Nährmedium verwendet, das aus dem Blut ungeborener Kälber gewonnen wird, was zum Tod des Kalbes führt. An pflanzlichen Alternativen wird intensiv geforscht.

74 % der Deutschen sprechen sich für Fleischalternativen aus

Bei einer in Deutschland durchgeführten Umfrage aus dem Jahr 2023 gaben rund 74 % der Befragten an, dass es wichtig sei, Fleischalternativen zu finden, die Tierleid vermeiden können.

Statistik: Umfrage zu den Vor- und Nachteilen von Clean Meat in Deutschland im Jahr 2023

Einige Verbraucher sehen jedoch auch Nachteile und Risiken bei der Züchtung von Laborfleisch. So waren rund 79 % der Meinung, dass die Fleischproduktion ein wichtiger Bestandteil der deutschen Landwirtschaft sei und die Förderung von Laborfleisch, auch Clean Meat genannt, negative Folgen für die Landwirtschaft hätte.

Ist Laborfleisch umweltfreundlich?

Ebenso wie die gesundheitlichen Auswirkungen, ist auch die Umweltbilanz von Laborfleisch noch nicht eindeutig geklärt. Erste Studien gehen von einer deutlichen Reduzierung der Treibhausgase aus, während neuere Studien eine höhere Treibhausgasproduktion im Vergleich zu konventionellem Fleisch zeigen. Auch der Energieverbrauch könnte höher sein. Der Landverbrauch dafür aber deutlich geringer.

Hohe Herstellungskosten

Was die Herstellungskosten für Laborfleisch betrifft, ist man sich einig. Diese sind definitiv höher als jene von konventionellem Fleisch. Marktanalysen gehen sogar davon aus, dass die Laborfleisch-Produktion immer noch mindestens 100-mal teurer ist als die herkömmliche Fleischproduktion.

Laborfleisch noch länger nicht salonfähig?

Noch bedarf Laborfleisch zahlreicher Entwicklungen. Der Grundstein wurde zwar bereits ins Rollen gebracht, der Weg hin zur Salonfähigkeit dürfte jedoch noch ein weiterer sein.

Zudem gilt es, den Begriff Clean Meat mit Skepsis zu betrachten. Immerhin ist er recht irreführend, da für die Herstellung oft Kälber getötet werden müssen. Und solange tierische Komponenten Verwendung finden, die Tierleid implizieren, ist der Begriff mit Sicherheit nicht gerechtfertigt

Eine überwiegend pflanzliche Ernährung bleibt jedenfalls die gesündeste und umweltfreundlichste Alternative.

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