Seit einem halben Jahrhundert dominieren zwei Unternehmen die globale Flugzeugproduktion. In Europa ist das Airbus, in den USA Boeing. Nun setzt ein chinesischer Hersteller zum Höhenflug an: Comac.
Comac, kurz für Commercial Aircraft Corporation of China, ist ein von staatlichen Behörden überwachtes Konsortium verschiedener Industrieunternehmen, das im Jahr 2008 gegründet wurde.
Zum ersten kommerziellen Linienflug hob man allerdings erst im Mai 2023 ab. Dabei flog die Comac C919 die insgesamt 128 Passagiere in einem zweistündigen Flug von Shanghai nach Peking.
Die Einführung der C919 verzögerte sich also erheblich. Obwohl die Entwicklung bereits 2008 begann und die Produktion 2011 folgte, erhielt Comac erst im September 2022 die offizielle Zulassung, sodass sich der erste kommerzielle Flug erst im Vorjahr realisieren ließ. Ein nationales Großereignis, das entsprechend gefeiert wurde. Die Zeitung „Beijing Daily“ titelte: „Nach Generationen von Bemühungen haben wir endlich das Luftfahrtmonopol des Westens gebrochen.“
Nicht wirklich „Made in China“
So stolz man in China auch auf die „eigene Flugzeuglinie“ ist, so offen und ehrlich muss man zugeben, dass nur sehr wenig „Made in China“ daran ist. Wichtige Teile stammen nämlich von westlichen Herstellern, insbesondere aus Frankreich und den USA.
Die Triebwerke liefert beispielsweise CFM International, ein französisch-amerikanisches Unternehmen. Weitere Zulieferer sind GE, Honeywell, Parker Aerospace und das deutsche Familienunternehmen Liebherr. Fahrwerk und Luftmanagementsystem der Comac tragen damit ebenfalls eine westliche Handschrift.
Scott Kennedy, ein China-Experte des US-Thinktanks Center for Strategic and International Studies (CSIS), bezeichnete die zahlreichen ausländischen Bauteile des Flugzeugs als „kleine, aber symbolische Herausforderung des Duopols von Boeing und Airbus“. Er betonte, dass die C919 „innerlich ein amerikanisches Flugzeug und äußerlich ein chinesisches Flugzeug“ sei. Ein Statement, das in China auf Unmut stieß.
Comac verfolgt ambitionierte Ziele
Berichten zufolge plant Comac, in den nächsten drei bis fünf Jahren mehrere Billionen Yuan zu investieren, um die Produktionskapazitäten für die C919 zu erweitern. Chinesische Medien meldeten im Januar unter Berufung auf einen Mitarbeiter des staatlichen Flugzeugherstellers, dass die chinesische Luftfahrtbehörde noch in diesem Jahr die Zulassung der C919 durch die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) anstrebt. Der Zulassungsprozess läuft bereits seit 2018.
Zulassung in Europa und den USA könnte lange dauern
Bevor Comac außerhalb Chinas verkauft werden kann, gilt es, noch einige Hürden zu überwinden. Bisher hat die C919 nur die Zulassung der chinesischen Behörden erhalten. Kein anderes Land hat den Jet bisher zertifiziert.
Insbesondere in Europa und den USA wird es noch einige Jahre dauern, bis die C919 dort fliegen darf. Aufgrund zahlreicher Pannen bei Boeing achten die Luftfahrtbehörden derzeit sehr genau darauf, neue Flugzeuge zuzulassen. Der Handelsstreit zwischen den USA und China stellt eine zusätzliche Hürde dar.
Afrika als potenzieller Markt
Neben China könnte Afrika ein potenzieller Markt für die C919 sein. China unterhält enge Beziehungen zu vielen Ländern in der Region, was dabei helfen dürfte, die C919 zu vermarkten. Einige Fluggesellschaften in Ländern wie Äthiopien und Nigeria haben bereits Interesse am Jet bekundet.
Comac in einigen Jahren konkurrenzfähig?
Auch wenn eine Konkurrenzfähigkeit von Comac zu Airbus oder Boeing momentan noch belächelt werden kann. Zu unterschätzen ist China mit Sicherheit nicht. Dies beweist einmal mehr die Aufholjagd im Bereich Elektromobilität. Damit hat China bewiesen, in der Lage zu sein, Spitzenpositionen zu erreichen und mit den Big Playern zu konkurrieren. Und mittlerweile befindet sich das Land der aufgehenden Sonne auf der Überholspur.
Denn China ist momentan der größte Automarkt der Welt. Im letzten Quartal des vergangenen Jahres hat die chinesische Marke BYD Tesla als weltweit größten Hersteller von Elektroautos überholt.
Ähnliche Ambitionen hat man nun auch im Bereich der Luftfahrt. Die Frage nach der Wettbewerbsfähigkeit ist damit vielleicht auch nur eine reine Frage der Zeit.