Historisch: Deutschland erlebt stärksten Preisrückgang bei Wohnimmobilien seit 23 Jahren

Blick auf eine moderne Backsteinwohnung mit Balkonen
Inhaltsverzeichnis

Kaum zu glauben, aber wahr. Im ersten Quartal dieses Jahres mussten Immobilienkäufer laut Statistischem Bundesamt weniger zahlen als noch im Vorjahr. Der Preisrückgang ist dabei so hoch wie zuletzt vor 23 Jahren.

Gesunkene Preise, aber…

Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes sind die Preise für Wohnimmobilien im Schnitt um 6,8 % im Vergleich zum Vorjahresquartal gesunken. Das ist ein beachtlicher Wert. Für Käufer scheint er auf den ersten Blick ein guter Grund zur Freude zu sein. Wenn da nicht die gestiegenen Zinsen für Baukredite und die hohe Inflation wären. Beide Komponenten erschweren die Verwirklichung des Traums vom Eigenheim derzeit enorm.

So liegt das Neugeschäft der Banken mit Wohnimmobilienkrediten an Privatleute seit Monaten am Boden, im April brach es laut Bundesbank-Daten um rund die Hälfte ein.

Kaufpreisentwicklung in Deutschland

Nachfolgende Statistik zeigt die Quartalszahlen zur Entwicklung der Kaufpreise für bestehende Wohnimmobilien in Deutschland im Zeitraum von 2017 bis 2023. Der abgebildete Preisindex des Statistischen Bundesamtes bezieht sich auf die Preisentwicklung für den Erwerb bestehender, also gebrauchter Ein- und Zweifamilienhäuser sowie bestehender Wohnungen in Mehrfamiliengebäuden, einschließlich Grundstück.

Statistik: Preisindex für bestehende Wohnimmobilien in Deutschland vom 1. Quartal 2017 bis zum 1. Quartal 2023 (Indexbasis 2015 = 100)

Ausgehend vom Jahr 2015 (Index = 100) lag der Preisindex für bestehende Wohnimmobilien im ersten Quartal des Jahres 2023 bei etwa 153,3 Punkten.

Wo sind Wohnimmobilien besonders günstig?

Ein Preisrückgang bei Wohnimmobilien ist sowohl im ländlichen Raum als auch in den Städten zu verzeichnen. In Städten haben sich die Kosten für einen Kauf sogar besonders stark reduziert.

Die größten Rückgänge im Vergleich zum Vorjahresquartal wurden in Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart und Düsseldorf verzeichnet. Hier verbilligten sich Ein- und Zweifamilienhäuser laut Recherche um 10,4 %. Für Wohnungen musste 6,4 % weniger hingeblättert werden als im ersten Quartal 2022.

Deutschland befindet sich in einer Wohnbaukrise

Mit zunehmender Zuwanderung steigt auch der Bedarf an Wohnraum. Diesen zu schaffen, erweist sich derzeit aber als schwierig. Die Baumaterialen sind teuer, die Zinsen hoch.

Das ursprünglich von der Ampel-Koalition in Deutschland gesetzte Ziel, 400.000 neue Wohnungen pro Jahr zu errichten, dürfte man kläglich verfehlen. Angeblich seien maximal 250.000 Wohnungen schaffbar, was nur ein bisschen mehr als der Hälfte entspricht.

Experten sprechen bereits von einer Wohnbaukrise innerhalb Deutschlands, die sich zu verschärfen droht.

Mann und Frau beraten sich anhand eines Wohnbauplans

Deutscher Mieterbund schlägt Alarm

Der Deutsche Mieterbund schlägt Alarm: Der Wohnungsmangel in Deutschland wird laut aktuellen Studien des Hannoveraner Pestel-Instituts sowie des schleswig-holsteinischen Instituts Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen Kiel (Arge) zufolge immer drastischer.

Ende 2022 soll das Wohnungsdefizit rund 700.000 Wohnungen betragen haben. Zuwanderung, steigende Investitionskosten und die sich aufblasenden Wohnungsblasen in den Großstädten werden als Gründe dafür angeführt.

Wie die Statista-Grafik zeigt, wurden schon 2021 in Relation zur Bevölkerung wenige neue Wohnungen fertiggestellt. Auf 10.000 Einwohner in der Bundesrepublik kamen im Jahr 2021 durchschnittlich pro Bundesland 35 neue Wohnungen.

Statistik: Wohnungsbau: So geht es in den Ländern voran

Überdurchschnittlich viele Wohnungen wurden demnach in Brandenburg (50 je 10.000 Einwohner), Bayern (46) und Schleswig-Holstein (43) gebaut. Besonders wenige fertiggestellte Wohnungen registrierten das Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Insgesamt wurden in Deutschland in Wohn- und Nichtwohngebäuden laut Destatis etwa 293.400 Wohneinheiten fertiggestellt – etwa 13.000 weniger als im Vorjahr. Das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln rechnet in ihrem Wohnbedarfsmodell von 2021-2025 mit einem durchschnittlichen Wohnungsbedarf von rund 308.000 Wohnungen jährlich. Diese Bauquote erreichte Deutschland zuletzt im Jahr 2001.

Drohen soziale Spannungen und Enteignungen?

Aufgrund dieser dramatischen Entwicklungen hinsichtlich des Wohnungsmangels warnen Experten eingehend vor sozialen Spannungen. Forscher des Immobilieninstituts der Universität Regensburg wollen diesen mit einem äußerst kontroversen Ansatz vorbeugen.

Das Team rund um den Wirtschaftsprofessor Steffen Sebastian sieht die Lösung in einer Abschwächung des Mieterschutzes für langjährige Bestandsmieter. Die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen sollte deutlich abgeschwächt bzw. sogar komplett abgeschafft werden. Diese Idee würde vor allem gut Verdienende sowie Senioren betreffen.

Das Forschungsteam geht davon aus, dass genug Wohnraum bestehe, dieser jedoch nur falsch verteilt sei. Vor allem Ältere würden oft in größeren Wohnungen in guter Lage leben und Familien damit sozusagen den Platz wegnehmen.

Außerdem sollten laut Forschungsteam all jene Mieter mit niedrigen Einkommen noch mehr Unterstützung bekommen. Und zwar nicht nur in Form von niedrigen Mieten.

Der drastische Ansatz des Regensburger Forscherteams stößt derzeit auf wenig Gegenliebe. Lösungsansätze, darunter sicher auch kontroverse, werden mit Sicherheit noch längere Zeit zur Diskussion stehen.

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