Viele europäische Städte und Orte erleben gerade jetzt, nach der Pandemie, einen Zustrom an Touristen. Für viele stellt dies eine enorme Herausforderung dar.
100.000 Touristen täglich in Venedig
Die Situation in Venedig ist seit vielen Jahren prekär. Laut zahlreichen Einheimischen verschärft sich die Lage seit dreißig Jahren zunehmend. Das romantisierte Bild der Lagunenstadt Venedig wird dabei von einem dunklen Schatten begleitet. Schmutzige Toiletten, angehäufter Müll, überfüllte Plätze und Gassen. In den Wasserbussen, den sogenannten „Vaporetti“, herrscht ein dichtes Gedränge.
Venedig scheint schlichtweg zu klein für die etwa 100.000 Touristen, die es täglich in die Hauptstadt der Region Venetien zieht. Ein klarer Fall von Übertourismus. Den Bewohnern stößt das sauer auf. Gleichzeitig sind sie jedoch auf den Tourismus angewiesen, stellt er immerhin eine hervorragende Einnahmequelle dar.
Venezianer fordern Maßnahmen zur Eindämmung
Ein Großteil der Einwohner von Venedig sehnt sich nach mehr Ruhe und vor allem nach Überschaubarkeit.
Zur Erinnerung: In Venedig leben derzeit weniger als 50.000 Personen. Jährlich zieht es um die 30 Millionen Touristen in die italienische Kult-Stadt. Täglich fluten ca. 100.000 Touristen die Stadt. Das ist definitiv viel. Man könne nicht mehr atmen, meinen einige Bewohner. Die Mehrheit fordert die Regierung daher auf, Maßnahmen zu ergreifen.
Ticketkonzept: Venedig plant Beschränkungen
Simone Venturini, Stadtrat von Venedig, plant seit längerem eine Eintrittsgebühr. Diese könnte zwischen drei und zehn Euro ausmachen. Auch von einem Ticketkonzept ist die Rede. Dieses könnte so aussehen, dass an zwanzig bis dreißig, erfahrungsgemäß besonders gut besuchten Tagen, eine Reservierung als Tagesgast nötig ist. Per Smartphone können sich Touristen registrieren, per QR-Code erhalten sie anschließend Eintritt in die Lagunenstadt.
Des Weiteren will Venturini exklusive Events fördern und in die Stadt bringen. Diese sollen besonders zahlungsfreudige Besucher anlocken und Geld in die venezianischen Kassen fließen lassen.
Wann bzw. ob diese Maßnahmen umgesetzt bzw. auch Früchte tragend sein werden, wird man erst in Zukunft sehen. Kreuzfahrtschiffen hat man immerhin bereits erfolgreich einen Riegel vor die venezianische Tür geschoben. Seit Sommer 2021 haben diese nämlich keine Erlaubnis mehr, in die Lagune einzufahren. Lediglich am Industriehafen legen noch ungefähr zwei Mal pro Woche Schiffe an.
Übertourismus europaweit ein Problem
Nicht nur Venedig erlebt das Phänomen von Übertourismus, auch Barcelona, Valencia, Mallorca, Mykonos, Santorin und viele weitere Städte sind davon betroffen. Manche Regierungen haben bereits Maßnahmen getroffen, andere entwickeln ganze Konzepte, um die Anzahl an Touristen Schritt für Schritt zu minimieren.
Mallorca: Umsatzrekord 2023
Ähnlich sieht die Situation in der Touristenhochburg Mallorca aus. Der spanische Tourismusverband Exceltur erwartet in diesem Jahr einen neuen Umsatzrekord. Was im ersten Moment positiv und vielversprechend klingt, bringt allerdings auch einige Herausforderungen mit sich. So stehen einige Ferienziele bereits seit geraumer Zeit an der Grenze ihrer Aufnahmefähigkeit.
Spanien reagiert und hat dahingehend mehrere Initiativen eingeleitet. In Palma de Mallorca hat sich die Stadtregierung im Frühjahr mit dem Arbeitgeberverband der Kreuzfahrtanbieter und den Reedereien darauf geeinigt, dass in diesem Jahr nur drei Schiffe gleichzeitig im Hafen anlegen dürfen, wobei nur eines davon mehr als 5.000 Passagiere fassen darf.
Die Stadtregierung von Palma hat zudem schon 2019 verfügt, dass Touristen nur noch Häuser, jedoch keine Wohnungen in Mehrfamilienhäusern mehr mieten können. Der Erfolg der Verordnung hielt sich allerdings in Grenzen. Online gibt es immer noch ausreichend Angebote.
Touristensteuer als Lösung?
Auch Santiago de Compostela, das Ziel des berühmten spanischen Jakobsweges, ist betroffen. 2022 zog es etwa 440.000 Pilger in die Region. „Ich möchte, dass Santiago de Compostela nicht mehr nur ein Touristenziel und ein Themenpark ist“, sagt Goretti Sanmartín, die im vergangenen Monat als erste Bürgermeisterin der Stadt vereidigt wurde. Laut der spanischen Nachrichtenagentur Europa Press kündigte sie an, dass sie den nachhaltigen Tourismus fördern und Santiago de Compostela zu einem besseren Ort für die Einheimischen machen wolle.
Angedacht ist eine regionale Steuer, die im Jahr 2025 eingeführt werden könnte. Hotels würden die Gebühr im Rahmen einer Übernachtungsgebühr einheben. Je nach Art der Unterkunft könnte sie zwischen 0,50 und 2,50 Euro ausmachen.
Man rechnet, dass die Steuer zwischen 2,5 und 3 Millionen Euro pro Jahr für Santiago einbringen könnte. Die Einnahmen sollen für den Erhalt des historischen Zentrums der Stadt aufgewendet werden.
Eine Touristensteuer als Lösung? Viele sehen darin zumindest einen Anfang. So auch Valencia. Im nächsten Jahr will die spanische Hafenstadt an der Südostküste Spaniens eine Touristensteuer zwischen 0,50 und 2 Euro einführen, um einen Beitrag zum nachhaltigen Tourismus zu leisten.
Zukünftig könnten immer mehr Städte auf den Zug aufspringen. Ob der Tourismus dadurch ökologischer wird, lässt sich bezweifeln. Fest steht aber, dass Reisen damit wieder einmal teurer werden würde. Es sei denn, man bleibt, wie vielleicht gewünscht, zu Hause.